Bruckner Festspiele

Busreise

02.09. – 05.09.2024 | Nachlese

Am frühen Morgen des 4. September 1824 ereignete sich die Geburt eines Klanggiganten. Anton Bruckner erblickt als erstes von elf Kindern – von denen nur fünf das Erwachsenenalter erreichen – im Ansfeldner Schulhaus das Licht der Welt. Er kommt vom Land, das er und das ihn nie verließ, selbst als er seine letzten Lebensjahrzehnte kaiserlich und universitär angestellt in der Donaumetropole Wien verbracht hat. Er war auch ein Sozialaufsteiger, der dem Prozess, dem Werden traute und den Zweifel nicht außer Acht gelassen hat. Wenige Komponisten von Weltrang kommen aus ländlichem Umfeld. Sein 200. Geburtstag ist Anlass für die erste OÖ KulturEXPO Anton Bruckner 2024. Ganz Oberösterreich wird zur Bühne, nicht nur die vielen Bruckner-Orte werden zum Zentralraum einer Bewegung, die mittlerweile wohl zu einer der umfassendsten Festivalbewegungen in ganz Europa geworden ist.

Norbert Trawöger verantwortet die KulturEXPO, die er konzipiert hat - und hat diese Reise für den historischen Moment, den 200. Geburtstag Anton Bruckners, exklusiv für uns zusammengestellt. Trawöger ist nicht nur Künstlerischer Direktor des Bruckner Orchester Linz und künstlerischer Leiter der ersten oö. KulturEXPO „Anton Bruckner 2024“, sondern ein charismatischer Vermittler, der seit seinem achten Lebensjahr für Bruckners Musik brennt. Sein Buch „Bruckner! - Journaleiner Leidenschaft“ (Residenz Verlag) dokumentiert diese seine Leidenschaft.

Offener Brief an Norbert Travöger

Wenn du einem Spiel zuschaust, ist es Vergnügen,
wenn du es spielst, ist es Erholung,
wenn du daran arbeitest, ist es Studium.

Wassily Kandinsky
(1866 – 1944)



Lieber Norbert!

Du umtriebiger und unfassbar genialer Kurator und Inspirator! Dass für uns diese Reise zum 200. Geburtstag von Anton Bruckner zum unvergesslichen Erlebnis werden wird, hast Du mir schon vor Monaten prophezeiht. Obwohl ich keinen Grund hatte, an Deiner Prophezeihung zu zweifeln, fehlte mir damals die Vorstellung davon, wie recht Du damit haben solltest.

Danke Dir aus ganzem Herzen für diese Tage bei Dir und mit Dir in Linz, für Dein Feuer und die ansteckende Leichtigkeit, mit der Du uns beschenkt hast. Bei unseren Begegnungen konnte man den Eindruck gewinnen, Du hättest all die logistische Mühe der letzten Jahre einzig und allein dafür aufgewendet, um mit uns (allein) Anton Bruckners Geburtstag zu feiern. Dass Du zwischendurch noch kurz zum Dachstein enteilt bist, hat uns genauso beeindruckt wie Deine Lockerheit, mit der Du uns am Morgen nach dem 24-Stunden-Geburtstagsfestprogramm auf dem Fahrrad Dein Buch „Bruckner! Journal einer Leidenschaft“ als frische Frühstückssemmel serviert hast. 

Diese Tage mit Dir in Linz haben mich an eine andere, mir überaus kostbare Begegnung mit einem Künstler erinnert: In meiner Zeit als Rektor in St. Georgen am Längsee stand einmal ein Jüngling im Innenhof der Klosteranlage, bestellte Grüße von seinem Meister und ließ fragen, ob der Maestro im Festsaal des Bildungshauses ein Klavierkonzert geben dürfte. 

Und ein paar Tage später erschien dann Svjatoslav Richter (+1997), der als Pianist in Moskau Sergei Prokofjev kennenlernte, 1942 dessen 6., 7. & 9. Symphonie uraufführte und von Prokofjev die 9. Symphonie ihm gewidmet bekam. Nachdem Richter in seiner Heimat bereits als Berühmtheit galt, durfte er 1960 erstmals in den Westen reisen. Am 19. Oktober 1960 gab er sein legendäres Debut in der Carnegie Hall in New York, an das sich eine große USA-Tournee anschloss. Es folgten Auftritte in Europa, ab 1971 auch in Deutschland. 

Wie kaum ein anderer Pianist konnte er seinen Interpretationen von Klavierwerken aller Epochen eine individuelle Note verleihen, dabei war er später weniger der Virtuose, der durch technische Brillanz – diese war bei ihm selbstverständlich – Aufsehen erregte, sondern zeigte sein poetisches, weiches Spiel, das er oft in nur spärlich beleuchteten Konzerthallen darbot. Ganz zum Schluss seines Lebens schickte er dann seine Schüler aus, um an Orten, die sich seine Kunst nicht leisten konnten, nach Sälen zu suchen, in denen er spielen wollte. Nicht mehr die Carnegie Hall, nicht mehr der Goldene Saal des Wiener Musikvereins waren seine bevorzugten Plätze, sondern Orte wie der Festsaal des Bildungshauses St. Georgen am Längsee, der nie zuvor solche Musik erlebt hat und wohl auch niemals nachher erleben wird können.

Die spielerische Leichtigkeit und Innigkeit, mit der der Maestro damals Chopins Etuden spielte, bleibt mir in unauslöschlicher Erinnerung, ebenso das Gespräch mit ihm im Künstlerzimmer. Nie zuvor hätte ich gedacht, wie sehr ein Künstler sich über die kleinen und scheuen Wortspenden der musikalisch nicht sehr gebildeten Konzertbesucher freuen konnte. Unvergessen auch das gemeinsame Abendessen mit ihm nach dem Konzert im Restaurant Bachler in Treibach-Althofen.
Das Gästebuch des Restaurants belegt unser Abendessen dort durch die Eintragung vom 15.2.1989 „mit besten Wünschen“, und Kazuto Osato, Richters legendärer Klavierstimmer, fügte in seiner japanischen Muttersprache hinzu: „Danke für das wunderbare Mahl!“ 

So wie jetzt in Linz, habe ich auch damals an den Satz von Friedrich Nietzsche denken müssen:
„Reif ist der Mensch erst dann, wenn er den Ernst wiedergefunden hat, den er als Kind beim Spielen hatte.“ Der spielende Mensch, oder besser gesagt, erst der spielende Mensch ist in der Kraft seiner Kreativität lebendig und in der Lage, diese seine Welt unverwechselbar mitzugestalten. Mag sein, dass die großen Erfindungen und Entdeckungen unendlich viel Mühe und zeitlichen Aufwand erfordert haben, aber die Tatsache, dass es so weit kommen konnte, hat wohl immer auch mit der Leidenschaft des Herzens zu tun, an den Dingen, die uns beschäftigen, so lange mit aller Leidenschaft dranzubleiben, bis sie uns durch alle Tiefschläge und Talsohlenerfahrungen hindurch mit einem Male und dann endlich ganz leicht und spielerisch von der Hand gehen. 

Oft erlebe ich gerade in der Musik und seit Jahrzehnten an Dir, lieber Norbert, diese Art des Leichten, Spielerisch-Kreativen als den Inbegriff des Lebendigen. Es bedarf allerdings großer Disziplin und Professionalität, die einen Künstler, eine Künstlerin erst dann zur Ruhe kommen lassen, wenn er/sie sein/ihr Bestes gegeben hat und trotzdem nie genau wissen kann, ob das, wofür ihn/sie andere loben, tatsächlich auch das Beste war, das zu geben er/sie mit etwas Glück in der Lage gewesen ist. 

Sollte es jemandem aus unserer Gruppe entgangen sein, was Barbara Rett am Ende der Übertragung des Festkonzertes gesagt hat, so sei es hier in dankbarer Erinnerung nochmals wiederholt: „Das Brucknerjahr geht natürlich unermüdlich weiter. Sein umtriebiger und unfassbar genialer Kurator und Inspirator liebt Bruckner seit seinem achten Lebensjahr und kennt ihn seit seinem achten Lebensjahr und hat im Residenzverlag sein ganz persönliches Brucknerbuch vorgelegt.“ 

Danke Dir, lieber Norbert, auch für dieses Buch, das die DAEDALUS-REISEN den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Geburtstagsreise als „Literarisches Reisetagebuch“ schenken „mussten“. Einer aus unserer Gruppe hat gemeint, er hätte versucht, nur kurz hineinzulesen, wäre dann beinahe davon nicht mehr losgekommen, so sehr hätte ihm der Text bestätigt, was er in diesen Tagen an Dir erleben durfte. 

Im Namen von uns allen, lieber Norbert:
Hochachtung! Gratulation! Danke!
Dein Arnold
Allgemeine Informationen
Programmänderung vorbehalten!
Veranstalter: Reisewelt GmbH
Fotos © Udo Reichmann, Franz Schodritz